Die Baseline ist das individuelle Aktivitäts‑ und Belastungsniveau, bei dem die Symptome nicht (oder nur minimal) ansteigen und keine Post‑Exertional Malaise (PEM) ausgelöst wird. Sie ist also das Aktivitätsniveau unterhalb der Belastungsgrenze und dient als Ausgangspunkt fürs Pacing. Sie bildet sozusagen den “neutralen Boden” zwischen Push‑Phasen (zu viel Aktivität → Crash) und übermäßigem Schonverhalten (Dekonditionierung).
Im Tagesverlauf kann sich die Baseline verändern (z.B. morgens wenig Belastbarkeit, abends mehr).
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass es wichtig ist, einen Überblick über die Belastung zu haben und zu erkennen, wie sich die Symptomatik nach dieser verändert. Dies kann durch das Führen eines Aktivitätsprotokolls inkl. eines Symptomtagebuchs (digital oder analog) geschehen.
Möglichkeit zur Ermittlung der Baseline
1. Symptom‑ und Aktivitätsprotokoll führen
– Notieren Sie über ca 7-14 Tage Puls, Schritte, Steh‑/Sitz‑Zeiten, kognitive Tätigkeiten, emotionale Belastungen, Symptome (deren Schweregrad + PEM‑Verzögerung).
– Digitale Tools oder klassisches Tagebuch funktionieren gleichermaßen.
2. Durchschnittliche verträgliche Aktivität bestimmen
– Wählen Sie den geringsten Aktivitätsumfang, der keine PEM auslöste.
– Bleiben Sie innerhalb Ihres Alltags für eine bestimmte Zeit in diesem Aktivitätsumfang.
3. Puls & anaerobe Schwelle nutzen (optional, aber hilfreich)
– Messen Sie Ruhe‑HR → berechnen Sie Ihren “PEM‑Schwellen‑Puls” (Z.B. Ruhe‑HR + 15 Schläge. Liegt der morgendliche Ruhepuls 10 Schläge über oder unter dem durchschnittlichen Wert, kann dies auf eine Überlastung hin deuten.)
– Bei Aktivitäten oberhalb dieser Schwelle sofort pausieren.
4. Mehrere Baselines definieren
Jede Kategorie benötigt ihr eigenes Limit, weil sie PEM unabhängig voneinander triggern kann.
– Physisch (Gehen, Hausarbeit)
– Kognitiv (Lesen, Bildschirmzeit)
– Orthostatisch (Stehen, Sitzen)
5. Regelmäßig evaluieren
(alle 2‑4 Wochen)
– Wird an > 3 Tagen pro Woche PEM‑frei erfüllt → Baseline langsam in ganz kleinen Schrittenanheben (5‑10 %).
– Häufige Mini‑Crashes? → Baseline senken & mehr Pausen planen.
Merkmale einer guten Baseline
| Merkmal | Warum es wichtig ist |
| Symptom‑stabil (keine oder höchstens milde Verschlechterung ≤ 24 h) | Verhindert Crash‑Zyklen |
| Alltag abbildend (physisch, kognitiv, orthostatisch) | PEM kann durch jede dieser Belastungsarten entstehen |
| Wiederholbar (jeder Tag ± 10 %) | Ermöglicht verlässliche Planung |
| Ausreichende Ruhefenster (häufige Pausen, 1:1‑Prinzip: Aktivität ≈ Ruhe) | Zentrale Strategie des Pacings |
| Flexibel anpassbar | Schweregrad von ME/CFS schwankt (Infekte, Stress etc.) |

